Mit allerlei Andeutungen rund um die Zahl 1 hat es begonnen. Am 22. März 2018 wurde der Schleier schließlich gelüftet und Autodesk präsentierte AutoCAD Version 2019.
Was will uns der Autor mit dem Mantra Only One. AutoCAD. und dem A im Heiligenschein, beides zum Beispiel benutzt von Shaan Hurley im Between the Lines Blog, sagen? Ist es eine Drohung: „Du sollst keine anderen CAD-Programme neben mir haben, Punkt.“? Assoziation zu Heiligenbildern der russischen Ikonografie? Ein Annäherungssversuch…
tl;dr
Enttäuschend, unterwältigend, keine dt./engl. Befehlsreferenz von CADmaro.de
Nur Ein. AutoCAD?
Das Motto soll auf die Degradierung der vertikalen Produkte (aka Geschmacksrichtungen wie Mechanical, Architecture und MEP) zu Toolsets im Kernprogramm hindeuten, wodurch es – so betrachtet - nicht mehr viele sondern nur noch ein einziges AutoCAD gibt. Ein Marketing-Spin, denn nach wie vor wird auf dem Desktop für jedes Toolset ein eigenes Produkt installiert sein. Es braucht jedoch, und das wird des Pudels Kern sein, nur noch ein, also Only One. AutoCAD. bezahlt zu werden.
Nach kurzer Recherche stellt sich der markige Slogan übrigens als Mogelpackung heraus: Civil 3D und Advance Steel bleiben weiterhin selbständige AutoCAD-Vertikale, wenn auch ohne ein "AutoCAD" im Namen. Und AutoCAD LT gibt es natürlich weiterhin.
Ok, zugegeben - Only Three and a Half. AutoCAD. hätte für eher mehr als weniger Verwirrung gesorgt. Insofern hat sich das dicke Marketing-Budget gelohnt.
Nur Ein. Neues Feature?
Zeichnung freigeben ist laut Dokumentation neu. Das wäre korrekt, würde es sich hier um Version 2017 und nicht 2019 handeln.
Der Zeichnungsvergleich soll neu sein. Klingt wie ein wirklich neues Feature, ist es aber nicht. Wer AutoCAD Architecture oder MEP kennt oder vielleicht in der Vergangenheit in Autodesks Appstore gestöbert hat, wird schon vor vielen Jahren darüber gestolpert sein.
Neues „Flat“-Design der Buttons. Aha, ok!
Nur Ein. Fehler?
Man könnte sicher ganze Bücher mit den unbehobenen Programmfehlern von AutoCAD füllen. Und tendenziell ist in 2019 eher mit mehr neuen Fehlern zu rechnen. Die ehemaligen vertikalen Produkte haben ursprünglich nur selten auf einem Desktop zusammen arbeiten müssen. Durch das Zusammenrücken in AutoCAD als Toolsets und der Verfügbarkeit für jeden Subscriber dürfte es an einigen heute noch unbekannten Ecken knirschen.
Nur Ein. Feature weniger!
Tatsächlich wurden die Befehle und Systemvariablen rund um das Thema FBX-Im- und Export in AutoCAD 2019 entfernt. Völlig unverständlich! Die nunmehr fehlende FBX-Unterstützung wird für viele Anwender eine herbe Enttäuschung sein. Das muss dieser „ongoing stream of innovation“ sein, von dem sie immer schreiben.
Nur Ein. Job!
Autodesk hatte am 22. März diesen einen Job: Die neue AutoCAD-Version überall verfügbar zu machen. Hat leider nicht ganz geklappt. Weltweite Serverausfälle, die insbesondere Einzelplatz-Subscriptionuser betrafen. User berichteten von Lizensierungsproblemen an mehr als 2 Tagen an denen ihre Software nicht genutzt werden konnte! Der wirtschaftliche Schaden dürfte also spürbar sein. Wiedergutmachung? Eine Entschuldigung per Mail und Twitter vom Chef musste genügen. Und der letzte Satz "...ich versichere Ihnen dass wir alles dafür tun werden, Ihre Erwartungen in der Zukunft zu übertreffen." klingt eher wie eine Drohung als eine Beschwichtigung. Anwender mit Maintenance- und/oder Netzwerklizenzen waren übrigens nicht betroffen.
Nur Ein. User weniger?
Die Toolsets sind für die meisten Anwender ein Nice-to-have. Ob sie darüber hinwegtäuschen können, dass wieder einmal keine relevanten Kapazitäten in echte Neuerungen, Verbesserung von Brot- und Butterfunktionen und Bugfixes gesteckt wurden, bleibt abzuwarten.
Wer als Kunde Software für einen bestimmten Zeitraum nur mietet, hat für Veränderungen eine niedrigere Hemmschwelle als jemand, der Anfangsinvestitionen getätigt hat und Dauerlizenzen "besitzt". Unterwältigende Neuerungen und Änderungen können leicht zum Eigentor werden, je größer der Mietkundenanteil ist.